Dienstag, 27. August 2013

Notting Hill Carnival



London hatte einen Feiertag am Montag und der wird jedes Jahr mit dem zweitgrössten Karneval dieser Welt zelebriert. Wie beim echten Karneval sieht man viel Haut, es hat dröhnende Bässe und viel Alkohol. Da wir für heute noch was anderes geplant hatten, waren wir relativ früh dran (zum Glück!) und sowohl die Tube wie auch das Fest war noch nicht ganz so überlaufen. Man kommt nach Notting Hill und der erste Eindruck ist, dass wir im Krieg sind. Die Gärten sind mit dicken Eisengitter und Fenster und Haustüren direkt an der Strasse mit Spanplatten verammelt. Gewisse haben Schilder an ihrer Tür, dass man für 1 oder 2 Pfund die Toilette benützen darf, andere sind offenbar ausgezogen. Und überall im Fest sieht man Polizisten stehen, immer in Gruppen und meistens Schwarz und Weiss gemischt, wegen dem Konfliktpotenzial.
Überall raucht es aus Essenständen, man hört das Summen von dieselgetriebenen Stromgeneratoren und sieht halb aufgeschittene Fässer, die als Grill umfunktioniert wurden. Darauf stark rauchend Hühnchen und Maiskolben soweit das Auge reicht. Überall werden die jamaikanischen Gerichte angeboten Jerky Chicken, Goat Curry, Patties und Pastries. Also verrücktes Huhn, Geissencurry, irgendein Gemüse (meine Vermutung war Süsskartoffeln) und gefüllte Teigtäschen mit Rind oder Huhn. Daneben die frischen Kokosnüsse, bei denen mit der Machete der Kopf abgehauen wird und zwei Strohhalme reinkommen und Red Stripe Bier, das jamaikanische Bier. Die Essensstände wechseln sich ab mit Musikanlagen, die komplett jegliche Schallgrenze ignorierend entweder Bandmusik spielen oder einen DJ am Pult haben. Zum Glück hatte ich meine Ohropax dabei, sonst wäre ich wahrscheinlich versucht gewesen bereits nach einer halben Stunde wieder nach Hause zu gehen. Die Besucher sind mehrheitlich dunkelhäutig, jung und bereits um zwölf Uhr mittags schon sehr gut beieinander.
Wir kurvten von Stand zu Stand und machten uns auf den Weg zum Umzug, der in einem grosszügigen Kreis um das Festgelände rumkurvte und natürlich die berühmte Portobello Road heraufkommt. Wie an der Streetparade kommen Trucks mit Musikanalgen und dahinter die leichtbekleideten Tänzerinnen, wobei man auch sehr viele bleiche Engländerinnen in diesen Röckchen sieht. Viele Leute laufen mit den Wagen mit und trinken und tanzen. Es gibt viel zu schauen und die Anwohner an der Portobello Road tanzen auf Balkonen und trinken ihr Bierchen im Fenster.
Später musste ich dann die kulinarischen Leckereien probieren und ich versuchte eines dieser „verrückten Hühner“, das wie in China einfach mal quadratisch in Stüce gehackt wird. Das Huhn war wie erwartet mit gutem Raucharoma versehen und die Sauce dazu schaaaarrrfffff!!!! Pfffüh, braucht man da ein Bier um zu löschen. Maiskolben gegrillt ist immer gut und lecker....
Nachdem wir ein paar weiter ohrenbetäubende DJ’s angehört hatten, machten wir uns auf den Weg in die Royal Albert Hall, nachdem wir noch ein weiteres Phänomen der Bassjunkies beobachtet hatten. Vor all diesen überdimensionierten Musikanlagen stehen immer 2-3 Personen ganz still in sich versunken und lassen sich beschallen udn be-vibrieren von der Musik. Ich weiss nicht was das für einen Kick gibt, aber muss besser als jede Droge wirken. Mich hat es teilweise samt Ohropax weggefegt... aber na ja, jedem seine Insel oder seine Droge, oder wie auch immer das heisst. :-)
Unser Weg zur Royal Albert Hall um vier war etwas „crowded“ wie der Engländer sagt. Oder in deutsch, es hatte einfach wahnsinnig viele Leute und alle strömten zum Festival, während wir vom Festival weg zu gehen versuchten und uns dann in den Hyde Park retteten, der auf dem Piratenkinderspielplatz ein ähnliches Bild zeigte wie das Festival.... Leute überall. Aber an so einem schönen sonnigen Tag hätte es mich auch verwundert, wenn nicht halb London draussen sitzen würde. :-)



Montag, 26. August 2013

South West Four Festival

Mit langer Spannung erwartet und jetzt endlich da, South West Four Festival in Clapham. Einmal im Jahr, ein Open Air für Techno Musik, eine Hauptbühne, drei Nebenbühnen und DJs mit grossen Videowänden und riesige Bässe.
Und Benno, der freiwillig mit an ein Open Air kommt. Das ist ja besser als Weihnachten :-)
Das Publikum war mitteljung, farbenfroh und auch für das Regenwetter optimal ausgerüstet mit Gummistiefel in allen Varianten und Farben und mit Neonkleidung, so dass man sie sicher nicht übersieht.  Das Festival startete um 12:00 und geht bis in die frühen Abendstunden, danach ist dann zumindest draussen Schluss und die Parties gehen weiter in irgendwelchen Clubs.
Einziger Wehrmutstropfen an diesem Nachmittag: Das englische Wetter. Um vier leerte es wie aus Kübeln und die Wiese verwandelte sich in Schlamm. Benno's Jacke war  nach 2 Stunden Regen nicht mehr dicht und zum Glück gab es 3 grosse Zelte, bei denen man sich unterstellen konnte, auch wenn es dann zeitweise sehr voll war und man mit den anderen vor sich hin dampfte.
Die Musik war super, so richtig im Techno Hammerton und das Publikum natürlich mehr als dabei. Eine Mini-Street Parade in London, bereits zum 10. Mal und super gemütlich...

 



Sonntag, 25. August 2013

Schweizer Ferien - Scharans, Winterthur und Zürich

Am Dienstag hiess es auf nach Scharans zu meinen Eltern. Mein neues indisches Kochbuch unter dem Arm plünderte ich den Migros im Seedamm Center in Pfäffikon, um alle möglichen exotischen Zutaten von Ingwer bis zur Tamarind Paste aufzutreiben. Ich war sogar mehr oder weniger erfolgreich. Ein indisches Crevettencurry war geplant.
Gegen frühen Nachmittag, bei strahlend schönem Wetter kam ich in in Scharans an. (Danke Benno fürs Auto!) Der Weg geht über eine holprige Zufahrt, da gerade die Dorfstrasse neu gebaut wird und man nur über eine Schotterpiste bis ins Dorf kommt. Zu Hause weckte ich Sämi, den "Wachhund" meiner Eltern, der bei meiner Ankunft weder laut gab, noch sonst eine Bewegung machte. Dann weckte ich Mama, die gerade ihr Mittagsschläfchen hielt. Sofort wurde ich mit Hugo-Drinks und anderen guten Sachen versorgt und ich konnte meine ausgeliehenen Bücher und andere Geschenke abliefern.
Wir verbummelten den Nachmittag mit Hugo-Trinken, Reden und italienische Gutshof Gucken, den die Eltern eventuell ins Auge gefasst haben. Es wurde auch über das Hochzeitsgeschenk für meinen Bruder gerätselt.... ob wir wohl etwas Sinnvolles haben?
Gegen Abend kochte ich das Curry, was für mich Neuland bedeutete und probierte all die speziellen Gewürze und Gerüche aus. Bei sechs Knoblauchzehen stutzte ich dann schon etwas, aber die Kokosnussmilch mildert das Ganze. Zusammen mit Naanbrot hauten wir rein und liessen es uns schmecken. Wir liessen den Abend bei Wein und dem Spiel Risiko ausklingen.... obwohl ich nicht sicher bin, ob die zwei je wieder mit mir spielen, da mein Würfelglück an diesem Abend unverschämt war.
Ich genoss später in der Nacht den Fernseher und guckte bis wirklich nichts mehr kam (Kommentar Benno: TV Junkie...). Dann kuschelte ich mich ins Bett, wo schon Maudi und Pi auf mich warteten, die zwei rothaarigen Katzen meiner Mama. Natürlich konnten sie nicht ohne Streicheleinheiten schlafen. Der eine übernachtete schliesslich in der frisch gewaschenen Wäsche im Wäschekorb und der andere in meinem Bett.
Am nächsten Morgen wurde ich mit Gipfeli und Kaffee geweckt und genoss einen langsamen Morgen in Scharans, bis ich mich auf den Weg nach Winterthur machte um meine Freundin Monika zu besuchen.
Sie lebt in Hard, einem kleinen Paradies etwas abseits von Winterthur, in einer alten Spinnerei auf einem Fabrikgelände, das jetzt spezielle Wohnungen und Gewerberäume beinhaltet und jedem Mitbewohner ein bisschen Garten und Schwimmen im Tösskanal anbietet. Monika lernte ich anno dazumal in Neuseeland kennen und wir haben es geschafft, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Ihre Biologiekenntnisse faszinierten mich schon damals. Jetzt studiert sie Biostatistik. 
Nach einem heissen und gesprächigen Nachmittag in meiner alten Heimat Winterthur raste ich dann zurück nach Freienbach, wurde aber in Rapperswil wunderbar ausgebremst und stand im Stau bis nach Pfäffikon... ich fahre nie, nie mehr durch Rapperswil, wenn ich nicht muss... wirklich nicht!
Am Donnerstag standen die Zeichen ganz auf Zukunft und Vergangenheit. Ich durfte ein weiteres Bewerbungsgespräch absolvieren, das nach Rückmeldung offenbar sehr gut lief und Ariella und ich hatten unseren Abschiedsapero von PwC organisiert, wo ich all meine liebgewonnenen Kollgen und Freunde noch einmal auf einem Haufen hatte und wir so richtig schön feiern konnten. Der Rotwein war super gut und mein Rausch nicht übel. Mit Benno flog ich am nächsten Tag wieder Richtung London. Zum Glück konnte er mich noch in der Lounge am Flughafen zum ausnüchtern und Magen-in-die-richtige-Richtung drehen parkieren, sonst hätte ich diesen Flug nicht so gut überlebt.

Schweizer Ferien St. Gallen und Bregenz

Ha, wie praktisch, in St. Gallen ist gleich noch St. Gallerfest, wenn ich vorbei komme. Natürlich trifft man wieder alte Freunde und es ist ziemlich "heemelig", durch die Gassen zu stolpern, eine St. Galler Bratwurst zu mampfen und heurauszufinden, dass sich so viel nicht verändert hat. Praktisch die Unterkunft bei Benno's Eltern, die gratis zur Verfügung steht und wo man rundum versorgt wird.

Am Samstag durften wir die Bregenzer Festspiele Tickets von Benno's Eltern erben, da bei ihnen die Gesundheit nicht ganz mitspielte. Herzlichst verpflegt und nach Gesprächen auf dem sonnigen St. Galler Balkon, rasten wir nach Bregenz und versuchten zunächst eine Parkplatz zu finden, was sich dieses Mal als schwierig herausstellte. Bei diesem schönen und warmen Wetter schien ganz Bregenz und Deutschland noch dazu sich in der Badeanstalt zu tummeln und einen Parkplatz zu benötigen. Schliesslich fanden wir was und nach 15 Gehminuten, staunte ich nicht schlecht, als ich die drei Monster auf der Seebühne sah. Zuerst aber liessen wir es uns beim Weisswein gut gehen und trafen die Familie Stieger - die drei Juniors - die per Zufall genau diesen Tag für die Zauberflöte ausgesucht hatten. Danach ging es auf der Bühne los und wir liessen uns von der Königin der Nacht und der Zauberflöte gefangen nehmen. Das Bühnenbild ist wirklich genial gemacht, mit Luft- und Ballonspielen aber auch mit Knalleffekten und Akrobatik. Wirklich faszinierend und die Musik schön...
Nach Ende der Aufführung fuhren wir zurück nach St. Gallen und schauten zu, dass wir ins Bett kamen. Denn am Sonntag ging es gleich nochmals nach Bregenz zu einer Matinée, diesmal mit Erika Sutter, Benno's Mama. Bei Benno und mir machten sich gewissen Ermüdungserscheinungen breit, aber klassische Musik kann man auch ein bisschen müde geniessen.
Nach einem schönen Konzert fuhren wir nach St. Gallen retour, wo uns Benno's Vater mit seinen kulinarischen Künsten verwöhnte.  Den Erdbeeri - Linsen - Rucola Salat wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Mmmhhhh.
Nach diesem ereignisreichen Wochenende machten wir uns auf Richtung Freienbach, wo wir uns im Zürisee kurz abkühlten, bevor Benno sich wieder am Montag beim Arbeiten erholen durfte und ich einen ganz langweiligen Montag genoss, an dem ich null Verpflichtungen hatte, ausser ein bisschen Wäsche zu waschen und die Abwaschmaschine auszuräumen.

Samstag, 17. August 2013

Schweizer Ferien - Freienbach und Zürich




Zur Abwechslung erlebe ich die Schweiz mal ein wenig anders als sonst, nämlich als Feriengast.
Mein Flug aus London war ziemlich amüsant, da neben mir ein Deutsche Bank Banker Platz nahm, der meiner Meinung nach irgendwelche verbotenen Substanzen intus hatte. Er war keine Sekunde annähernd entspannt.... iPhone raus, Blackberry abgeschaltet, iPad rumgewuselt, NZZ gelesen und penetrant unruhig. Es war richtig mühsahm. Aber für eine Stunde überlebt man auch ihn.
Zu Hause in Freienbach wurde ich vom ganzen Block begrüsst, die vom Balkon runterbrüllten,“ah die aus London, grüezi“. Man weiss wieder, wo man ist...  Der Nachbar hat mich dann netterweise ins Haus gelassen und ich wurde über den neusten Klatsch und Tratsch upgedated. 
Am nächsten Morgen verpennte ich fast Mama, da die Zeitumstellung jetzt doch zu meinen Ungunsten wirkte und ich es nicht geschafft hatte, meinen Wecker umzustellen. Aber ich erwischte den Zug und traf eine völlig entspannte Mutter in Zürich am HB. Eigentlich wollte sie ja nichts kaufen („Ich brauche ja nichts“), aber ein paar Schuhe und ein T-Shirt später, war dies Vorsatz gewesen. Auf der Globusterrasse genossen wir Kaffee und Birchermüsli und ich lieferte später Mama wieder am Bahnhof ab und sie düste nach Graubünden weiter.
Ich schlenderte zuerst in die Buchhandlung, um all die deutschen Neuerscheinungen zu erforschen... es hat schon noch einige spannende Sachen. Aber kaufen darf ich momentan nichts, da sonst mein ganzer Umzugsplan von London nach Freienbach nicht mehr aufgeht... leider. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben...
Danach spürte ich doch ein kleines Hüngerlein und ich gönnte mir meinen ersten Kebab nach Monaten. Herrlich.
Nach kurzen Bankgeschäften verzog ich mich ans Zürihorn und liess mir die Sonne auf den Pelz scheinen. Natürlich machte ich wieder eine nigerianische Bekanntschaft, die zumindest den Anstand hatte erst nach einer Stunde zu bemerken, dass er mein Lächlen möge... Fluchtartig suchte ich mir einen anderen Sonnen- und Leseplatz.
Ziemlich besonnt und zufrieden traf ich Carla zu Sushi Essen und Aperol trinken in der Rio Bar. Der einzige Schock sind die Zürcher Preise, die mich doch jedes Mal wieder hinten raus hauen... Tschuldigung mit einem Londoner Lohn, oder besser gesagt mit momentan gar keinem mehr... die spinnen die Zürcher...
Was mir aufgefallen ist, wenn man London mit Zürich vergleicht... Zürich ist leise und die Leute sind langweilig gekleidet, oder besser gesagt nüchtern, dass es fast weh tut. Auch lachen sieht man nicht viele in Zürich, während in London, doch irgendwo immer ein paar durgedrehte Teenies oder sonst was rumallbert... aber ich weiss, ich hab Vorurteile.... aber ich vermisse London jetzt schon!
Mein zweiter Ferientag in Freienbach war ganz dem Zürisee gewidmet. Nachdem ich unsaft durch einen „Ich habe meinen Hausschlüssel verloren“ Fehlalarm von Benno geweckt wurde, ging ich mir Landjäger kaufen... und ja ich habe alle 4 Landjäger gegessen... und es war göttlich... Keine Ahnung warum ich die so vermisst habe.
Die Wohnung nur 2 Minuten vom See entfernt, hüpfte ich nachher natürlich noch rein... wunderbar. Und jetzt bin ich auf dem Weg nach St. Gallen, meine Schweizerreise geht weiter....

Freitag, 16. August 2013

Afternoon Tea im Harrods

Alles was ursprünglich britisch ist, ist momentan schrecklich in Mode in London. Somit auch wieder der Afternoon Tea oder High Tea, wie er auch manchmal genannt wird. Benno und ich haben nach ausgiebiger Internetrecherche beschlossen, dass wir das im Harrods ausprobieren und ich reservierte zweimal Afternoon Tea.
Da man mit mir ja eh immer zu früh bei einer Abmachung steht, sei es am Flughafen, Bahnhof oder beim Afternoon Tea, hatten wir genügend Zeit, Harrods von unten bis oben zu erkunden. Das Kaufhaus ist einfach steinalt... aber man kann sich sehr gut darin verweilen und teure Handtäschli, Kleider, Weihnachtsschmuck und was weiss ich, anschauen.
Schliesslich war es so weit. Wir fuhren mit dem Lift bis unters Dach und fanden nach einigen Wirren auch das richtige Restaurant und wurden in einen hellen Saal gesetzt. Wir starteten mit Harrods Cüpli. Dann wurde das Etagerli (wie schreibt man denn das richtig... ) gebracht, mit Sandwiches, Scones und weiteren süssen Leckereien. Alles wurde ausführlich erklärt und vorgestellt. Dazu ein Tee nach freier Wahl, ich konnte endlich wieder mal meinen heissgeliebten Rooibos Tee trinken....
Nach mehr als einer Stunde, waren wir satt und erschlagen, nichts ging mehr rein und wir hatten fröhliche Gespräche durch die Stunde. Nach der Teeschlacht rollten wir runter in die Food Abteilung im Harrods und bestaunten zum Abschluss Kaviar, Balik Lachs und andere Spezialitäten. Zum Glück hatten wir ja keinen Hunger mehr :-)


Mittwoch, 14. August 2013

London Waterway -River Lea (Hackney Witt - Stamford Hill)

Dieser Spaziergang startet in Hackney Witt,  mitten in einer kleinen Stadt. Erst nachdem ich fünf Minuten vor mich hin gelaufen bin, merke ich, die Gegend kommt mir bekannt vor. Ja, da hab ich vor Wochen mal einen anderen Spaziergang beendet und ich erinnere mich, dass ich mir überlegte, ob ich nicht einfach weiterlaufen soll. Genau hier beginnt es wieder. Nochmals komme ich über die Brücke des Flusses "Lee Navigation", wo spitze Steine wie Scherben aus dem Abschluss der Brückenwände schauen. Diesmal geht es aber weiter nach Norden, entlang des "Lee Navigation".
Schon nach wenigen hundert Metern merke ich, es ist Hausboothochsaison. In einer Reihe stehen sie da, brav eins nach dem anderen und man sieht immer wieder einen Fuss oder einen Arm irgendwo unter Deck liegen. Es wird das Boot geschrubbt, Velos ein - und ausgeladen, das Boot bemalt, gegärtnert oder einfach am Fluss gesessen und ins Weite gestarrt. Sommer in London....
Warum aber die Hausbootbesitzer genau hier den Sommer verbringen, geht mir nicht ganz in den Schädel.... so schön ist dieser Kanal nun auch wieder nicht. Klar, praktisch, wenn man mal wieder einkaufen muss oder Wäsche waschen... aber sonst... na ja.
Ich laufe also entlang von hunderten von Hausböötli und zuerst an einer Sportanlage entlang und dann durch das Hackney Marsh. Sehenswert ist ein kleiner Teil etwas Fluss aufwärts, die Middlesex Filter Beds. Das ist eine alte Kläranlage, wirklich sehr alt, wo man quasi Becken gebaut hat und wartete bis der Dreck sich setzte bevor man das Wasser wieder in die Themse auslaufen liess. Das ganze ist sehr clever angelegt und heute ein Naturpark. Die Kläranlage wird als Teiche benutzt und es hat sich eine merkwürdige Natur entwickelt, so halb Sumpf und halb Wald, aber man sieht immer noch die Beton- oder Mauerumrandungen. Irgendwie seltsam aber spannend.

Ich wandere weiter dem Kanal entlang, durch das Lamas Meadow und Richtung einer Eisenbahnbrücke. Auch hier ein Naturschutzgebiet mit einer eigenartigne Gras- und Strauchlandschaft. Nach der Eisenbahnbrücke stehe ich in den Walthamstow Marshes, wieder eine Sumpflandschaft. Es ist brechend heiss und kein Baum weit und breit, nur ziemlich ausgetrockneter Sumpf. Gras und ein paar Kühe. Eine spezielle Rasse, die mit diesem Klima offenbar besser zurecht kommt als ich. Ich sehe weit in die Ferne und mein Weg, führt weiter durch die Hitze des Tages. Äääächz. Am Kanal sind immer noch ein Hausboot am anderen und dazwischen mal Ruderclubs wo Kinder in Kajaks spielen. Baden tut auch hier niemand... und wenn man ins Wasser sieht, das teilweise voll Abfall und Dreck ist und komplett voller Algen, versteht man sofort warum. Dann endlich bin ich durch das Marsh hindurch und komme wieder in schattigere Gefilde. Ich laufe quer durch einen Hafen und lösche meinen Durst in einem kleinen Kaffee, das auch die Heimat von ein paar Drögelern ist, die fröhlich aber mit Armen übersäht mit Einstichnarben Eis und Drinks verteilen. Nach kurzem Nachfragen, finde ich heraus, dass das Kaffee zu einer Wohngruppe von Drögelern gehört, die hier ihren Entzug beenden und als Belohnung für gute Taten im Kaffee mitarbeiten dürfen.
Nach etwas ausruhen, mache ich mich auf den Rückweg auf der anderen Seite des Kanals, durch ein Wohngebiet und ich finde noch eines dieser herrlich typischen englischen Pubs, wo die halbe arbeitslose Bevölkerung ihren Tag verbringt. Zum ersten Mal lässt mich mein Reiseführer im Stich, "man soll gleich nach der Eisenbahnbrücke" links gehen... würd ja gerne, hab aber noch einen Kanal dazwischen.... und ich komme nicht über die Eisenbahnbrücke, die ist verammelt und mit Stacheldraht gesichert. Na ja, so spaziere ich zur nächsten Brücke und versuche den Weg wieder zu finden. Nach einer Eishalle und einer Autoschnellstrasse, finde ich den Weg wieder und werde für mein Suchen belohnt. Ich gehe dem natürlichen Lea River entlang, auf Trampelpfaden quer durchs Gebüsch und man fühlt sich komplett im Grünen und vor allem mal wirklich allein.
Keine Hausboote, rein gar nichts. Herrlich. Zufrieden kurve ich um hüfthohe Brennesseln rum und weiche dicken Ästen aus. Dann treffe ich doch noch eine Person an, einen Herr, der sorgenvoll auf drei junge Schwäne blickt und mir selbst gepflückte Kirschen anbietet. Er komme jeden Tag hier her um Kirschen und Brombeeren zu holen. Die drei Schwäne hätten ihre Eltern verloren und seien am verhungern, er wisse nicht wen er anrufen solle, die Gemeinde interessiere es nicht. Wir erzählen ein Weilchen und dann geht jeder seines Weges...
Müde und zufrieden komme ich zurück nach Hackney Witt, wo ich mich nach einem super guten Glace in den Berufsverkehr einreihe und gequetscht wie eine Sardine in der Overground und U Bahn nach Hause tuckerle. Na dieses eine Mal war ich wohl die Ursache des leichten Schweissgeruches rund um mich... aber sorry, es war einfach etwas eng...



 

Samstag, 10. August 2013

Kleine Lebensweisheiten

Irgendwie traurig....
"Das Leben is etwas anderes... ganz sicher..."

London Waterway: Putney-Chiswick-Barnes-Putney

Ich geb es ja zu, zwei Wochen vorher gab ich meinen Spaziergang der Themse entlang nach einer Stunde auf, da es wieder einmal nicht nur senkrecht sondern auch waagrecht regnete und ich komplett durchweicht, wenig Freude an der Themse hatte.
Benno und ich holten letzten Sonntag aber bei schönstem Sonnenschein die Tour nach. Man startet an der Putney Bridge Underground Station, das ist schon nah an Heathrow, im Südwesten von London.
Putney und vor allem Hammersmith sind irgendwie idyllisch an der Themse gelegen. Von offensichtlich vorausschauenden Stadtplanern ist ein Weg an der Themse fast durchgehend für das Publikum offen. Das ist natürlich cool und es haben sich nicht nur neue Appartments an dieser Lage niedergelassen, es hat auch eine ganze Menge alter schöner Häuser und Pubs.
Aber von vorne. Von Putney Bridge aus, wandert man durch einen Park und muss dann als erstes um ein Fussballstadion herum. Dies ist das älteste Stadium in London und hat noch die originale Fassade, was doch sehr witzig anzuschauen ist. Es gehört, soweit ich weiss der Fayed Familie, das sind die mit dem Skandal um Lady Di und Harrods. Die kleinen Türen zu den Blocks sind wirklich für schlanke und kleine Engländer gebaut und das Ganze wirkt wie ein Relikt aus vergangener Zeit. Wenn man das Stadion, das direkt an der Themse liegt mal umrundet hat, läuft man wieder der Themse entlang, wo niegelnagelneue Gebäude sich mit alten abwechseln. Es hat auch viele Architekten in dieser Gegend und man sieht so manche Bausünde, aber auch schöne neue Lösungen.
Später kommt man zu diesen wunderbaren alten Häusern, mit schönen kleinen Gärten, die von einem alten anderen England zeugen und jeder hat sein Stück Rasen direkt an der Themse, das er privat benützen darf. Ich hab mich ein wenig verliebt in die Gegend, die so friedlich und ländlich wirkt, wie wenn London meilenweit weg wäre und das hier nur ein gut besuchter Touristenort.
Später sehen wir dann vor allen Häusern metallene oder plastifizierte Verstärkungstore und wir erfahren, dass diese Gegend berühmt und berüchtig ist dafür, dass die Themse über das Ufer tritt. Hier ist die Themse nicht mehr reguliert wie in Central London und wenn die Flut die Themse raufdrückt und der Wind von der falschen Seite kommt, tritt sie über die Ufer und läuft offenbar direkt bei den Bewohnern in die Häuser rein. Interessant, dass man ausgerechnet hier gebaut hat. Da wir die Themse bei Flut sehen, können wir uns das sehr gut vorstellen, denn sie kommt wirklich fast auf die Strasse.
Auf diesem Themsenabschnitt wird auch heftig gerudert. Kein Wunder, hier finden diese berühmten Ruderbootrennen statt und meistens sieht man einen Vierer und ein Böötchen nebendran, wo einer mit Megafon drillt und brüllt. Nur bei Flut wird es still, der Fluss ist dann zu gefährlich für die Ruderer, da die Strömungen offenbar nicht ohne sind und das Wettter und der Wind ihr übriges beitragen. Dafür hat es viele junge Leute die trainieren und wir werden konstant von Jogger überholt, überrannt oder umzirkelt. Die sind alle wahnsinnig schnell....
Wir bestaunen die Häuser und die Gärten und setzen unseren Weg fort. Der mündet wieder in einen grossen Park, der etwas heruntergekommen wirkt, aber nichts desto trotz Schatten und etwas Erholung bietet.  Wir wandern bis zu einer Eisenbahnbrücke und dann geht es auf der anderen Seite wieder flussabwärts Richtung Stadt. Hier hat es nach einem kleinen Kaff nicht mehr viele Häuser und der Weg ist auch endlich mal nicht gepflastert sondern einfach ein Wanderweg durch den Wald, an der Themse entlang. Die Strecke von 11km zog sich dann doch noch etwas hin bis am Ende, aber das Salamiciabatta war dann auch wohl verdient.